Elastomerlager: 5 Aspekte der Dauerhaftigkeit, die im Hochbau entscheidend sind
Elastomerlager gehören zu den unscheinbaren, aber funktional kritischen Bauteilen im Hochbau. Sie übertragen Lasten, gleichen Verformungen aus und verhindern unerwünschte Zwängungen an Auflagern oder Bauteiltrennungen.
Während ihre Geometrie simpel wirkt, ist ihr tatsächliches Trag- und Verformungsverhalten hochgradig nichtlinear und zeitabhängig – ein Umstand, der in der Praxis oft unterschätzt wird.
Besonders relevant ist dabei die Dauerhaftigkeit: Elastische Lager werden in Gebäuden in der Regel nicht ausgetauscht. Sie verbleiben – je nach Nutzungsdauer – 50 Jahre oder länger im Bauwerk.
Der Eurocode 0 (DIN EN 1990) ordnet übliche Gebäude explizit einer geplanten Nutzungsdauer von 50 Jahren zu (Tabelle 2.1) – und elastische Lager müssen diese Zeitspanne zuverlässig überstehen.
1. Warum die Dauerhaftigkeit im Hochbau oft unterschätzt wird
Viele Planungsunterlagen behandeln elastische Lager als unkritische „Zwischenlagen“.
Die Realität ist komplexer:
- Elastomere reagieren empfindlich auf Pressung, Verformung, Temperatur, Alterung und Lastzyklen
- ihr Langzeitverhalten (Kriechen, Relaxation) beeinflusst dauerhaft die tragwerkliche Funktion
- zwängungsfreie Lagerpunkte sind essenziell für die Gebrauchstauglichkeit des Bauwerks
Die Fachliteratur zeigt deutlich:
Schon in den frühen Dissertationen zu Elastomeren wurde der Einfluss von Nichtlinearität, Inkompressibilität und Schubspannungen hervorgehoben (z. B. Schorn 1972, Flohrer 1973, Lehmann 1976) .
Ebenso wird im Standardwerk „Lager im Bauwesen“ mehrfach darauf hingewiesen, dass Verformungswiderstände, Temperaturzwängungen und Kriecheffekte das Tragverhalten elastischer Lager über Jahrzehnte prägen (Kapitel 3, Verformungswiderstände) .
Kurz: Ein Elastomerlager „liegt nicht einfach da“. Es ist ein aktives, viskoelastisches Bauteil.
2. Typische Einwirkungen über die Nutzungsdauer
Die folgenden Einwirkungen wirken dauerhaft auf elastische Lager unabhängig vom Gebäudetyp:
Ständige Lasten und Setzungen
Bei elastischen Lagern ist die Setzung unter ständiger Last zwar gering, aber maßgebend für die langfristige Lage des Tragwerks
Zeitabhängige Materialveränderungen
Elastomere unterliegen:
- Kriechen
- Relaxation
- temperaturabhängiger Steifigkeitsänderung
- molekularer Alterung
Versuche unter realitätsnahen Bedingungen (Müller 1979; Schrage 1979) zeigen deutliche Abhängigkeiten von Temperatur und Belastungsdauer .

3. Zwängungen aus Verformungen angrenzender Bauteile
Temperatur, Schwinden, Kriechen und elastische Verformungen erzeugen Zwangskräfte, die durch elastische Lager abgebaut oder weitergeleitet werden müssen.
4. Warum belastbare Kennwerte unverzichtbar sind
Viele handelsübliche „Gummiplatten“ werden ohne geprüfte Kennwerte angeboten.
Die Literatur macht klar: Das Verhalten von Elastomeren kann nur mit realistischen Prüfungen (z. B. unter Schub, Druck, Rotation) vorhergesagt werden.
Schon Flohrer (1973) zeigte, dass der Spannungsverlauf im Lagerkörper stark nichtlinear ist, abhängig von:
- Formfaktor
- Dicke
- Kontaktflächenrauhigkeit
- Scherspannungen im Randbereich
Und: Für die Praxis wurde früh darauf hingewiesen, dass geprüfte Kennwerte die Grundlage der Bemessung sein müssen (vgl. Dickerhoff 1985, Bemessung unter Gebrauchslast) .
5. Konsequenz für den Hochbau
Planer sollten elastische Lager grundsätzlich so behandeln wie andere sicherheitsrelevante Bauteile:
- Kennwerte prüfen
- Verformungsverhalten dokumentieren
- Frequenzabhängigkeiten berücksichtigen, falls Körperschall relevant ist
- Langzeitverhalten (Kriech/Relaxtion) in kritischen Details berücksichtigen
- Zwängungseinflüsse (Temperatur, Schwinden) nicht pauschalisieren
Ein Quadratmeterpreis ersetzt keine Materialprüfung und keine Kenntnis des tatsächlichen Verhaltens über Jahrzehnte.



Fazit – Dauerhaftigkeit ist kein Gefühl, sondern eine nachweisbare Eigenschaft
Elastomerlager sind unscheinbar, aber funktional entscheidend.
Ihre Dauerhaftigkeit ergibt sich nicht aus Erfahrungswerten oder Prospekten, sondern aus:
- geprüften Kennwerten
- realistischen Prüfbedingungen
- relevanten Normen
- Verständnis der echten Einwirkungen über Jahrzehnte
Wer elastische Lager im Hochbau plant, entscheidet über die Funktion eines Bauteils, das meist 50 Jahre oder länger unverändert im Gebäude verbleibt. Eine sorgfältige Beurteilung ist daher kein Luxus – sondern notwendig für die Zuverlässigkeit des gesamten Tragwerks.
FAQ zu Elastomerlagern
Wie lange halten Elastomerlager im Hochbau?
Elastomerlager verbleiben in Gebäuden üblicherweise für die gesamte Nutzungsdauer von rund 50 Jahren. Ein Austausch ist konstruktiv selten möglich und wird in der Praxis zu etwa 95 % nicht vorgesehen.
Was beeinflusst die Dauerhaftigkeit von Elastomerlagern?
Die Dauerhaftigkeit elastischer Lager wird durch ständige Lasten, Kriech- und Relaxationsverhalten, Temperaturzyklen, Materialalterung und Zwängungen angrenzender Bauteile bestimmt. Diese Einwirkungen wirken über Jahrzehnte und müssen bei der Bemessung berücksichtigt werden.
Warum reichen Prospektwerte für Elastomerlager nicht aus?
Prospektwerte basieren häufig auf idealisierten oder unvollständigen Angaben. Für eine realistische Beurteilung sind geprüfte Kennwerte, dokumentierte Verformungen und Frequenzdaten erforderlich, die das Verhalten des Lagers im eingebauten Zustand abbilden.
Warum ist die Nutzungsdauer nach Eurocode 0 für elastische Lager relevant?
Der Eurocode 0 legt für gewöhnliche Gebäude eine geplante Nutzungsdauer von 50 Jahren fest. Elastische Lager müssen diese Dauer zuverlässig überstehen, da sie in der Regel nicht zugänglich oder austauschbar sind.
Welche Risiken entstehen, wenn elastische Lager ohne geprüfte Kennwerte eingesetzt werden?
Fehlen realistische Kennwerte, können Fehlbemessungen, unzureichende Schwingungsisolierung, übermäßige Setzungen, ungewollte Zwängungen oder Betriebsstörungen auftreten. Diese Probleme zeigen sich oft erst während der Nutzungsdauer des Gebäudes.
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